Dienstag, 1. Dezember 2015

Hauptstadt oder Frontstadt Berlin? Der wilde Osten | Der wilde Westen | 4. Teil

Eigentlich wollte ich schon seit längerem mal was über die frühere Ost-Berliner Spitzen-Gaststätte Hühner Gustl in der Grünberger Straße 6 (Friedrichshain) schreiben. Kennt die noch wer? War ein toller Laden ...


Hab nämlich eine Original-Speisekarten-Mappe gefunden, mit ein bißchen Geschichte zu dieser urigen Kneipe, die neben dem Rennsteig an der Schönhauser Allee Ecke Wisbyer Straße zu meinen absoluten Kneipen-Favoriten im damaligen Ost-Berlin gehörte. Denn Rennsteig hatte ich hier mal erwähnt.


Von beiden Läden gibt es kaum noch Spuren. Weder real noch virtuell. Schade!

Muß allerdings die Rechtsnachfolgerin vom Hühner Gustl erst mal um Erlaubnis fragen, ob ich das scannen und veröffentlichen darf.

Also gescannt hab ich das schon aber das mit dem veröffentlichen ...?
Kann dauern ... !
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Also mach ich was aus dem alten West-Berlin! 

Da gab es mal an der Goeben- Ecke Mansteinstraße umme Ecke vom alten Leydecke (kennt noch jemand die alte Lucie?) eine Imbißbude, die sich ´Tag und Nacht Imbiss | Zur Futterkrippe´ nannte.

Heute fiel mir dieser Laden wieder ein, wo ich den aktuellen Artikel von Marcus Kluge

Berlinische Leben – „Hollywood-Friedenau“ / “Schnelle Schuhe – Punk in West-Berlin” Teil 3 / 1982-88 


gelesen habe.

Dieser Alptraum einer Currywurst-Butze war in den Siebzigern und Achtzigern eine der wichtigsten Etappen des legendären Kreuzberger Trampelpfads

Egal von welcher Seite aus man sich auf diesen Weg machte, - früher oder später landete man dort immer, entweder für einen letzten Happen, bevor man ins Bett kroch oder sich am Rinnstein seines Mageninhaltes entleerte, wobei letzteres häufig den völlig zerstörten Gestalten widerfuhr, die gut nach Mitternacht aus dem Leydecke auf allen Vieren dort einkehrten oder man stärkte sich mit einer kräftigen Zehrung für des Weges, der in jenen wilden Jahren bekanntlich genauso lang sein konnte wie die Nächte des gleichnamigen Bezirks.

Hier in Blickrichtung zu Leydecke in der Mansteinstraße auf der rechten Hausseite.


Zu trinken gab es neben den üblichen Berliner Biersorten hauptsächlich Charlottenburger Pilsner weshalb sich dieses Lokal auch Bierkneipe nannte ... 


 ... und von ganz fertigen Zeitgenossen jener Epoche sogar als "Berliner Avantgarde-Treffpunkt" gehandelt worden war.

Auch heißen Kakao aus dem Kochwasserbecken und Bluna-Limonade gab es.



Das Publikum dort war tatsächlich teilweise ziemlich mondän-illustre, was auch dem Umstand geschuldet war, daß es in unmittelbarer Umgebung noch so manch anderes Lokal der besonderen Art gab. Erwähnt sei hier nur mal das RISIKO

Der Geruch in der Futterkrippe bestand aus einer olfaktorischen Gemengelage von qualmender Büffelherde nach einer Stampede, Opa Paules Nachkriegs-Stumpen, vergorener Schweiß mit mindestens 1,5 bis 3 \mathrm{ {}^{0\!}\!/\!_{00} } Alkoholgehalt und Dantes Obdachlosenunterkunft.

Dazu der Geruch von Speisen aller Art, die - und das muß man ganz groß!!! betonen - echt nicht übel waren. 

Die Currywürste mit Chili-Zwiebeln oder Schaschlikspieße mit Gürkchengarnitur dort waren schlichtweg grandios in ihrer auf das wesentliche beschränkten Schlichtheit.

Dazu eine kartoffelige und gut cross fritierte Portion Pommes mit Mayo und Ketchup ...

Streß gab es eigentlich nie und wen jemand es bevorzugte, auf dem Boden sitzend zu speisen, wurde das gnädig hingenommen.

Ich war dort nie tagsüber drinnen, hab mich aber in den versoffenen oder verkifften Nächten eigentlich immer wohl da gefühlt, so für´n Stündchen.

Falls jemand was an aussagekräftigen Bildmaterial zu dieser Gaststätte hat (oder zu den oben genannten)? Ich würde mich freuen, dies hier veröffentlichen zu dürfen!

Heute sieht es dort total langweilig aus.

Tschüß und bis denne ...

8 Kommentare:

  1. Schade, dass ich nie drin war. Klingt nach ganz großem Tennis. Gibt's mehr Erzählungen zu dieser Kneipe? Typen, Ereignisse?

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    1. Nee! Tut mir leid, - ich hab keine weiteren Daten oder Infos zu diesem Geschäft.

      Schade eigentlich aber wer konnte in seinen "aktiven Jahren des Chaos" denn ahnen, daß man 20, 30 oder mehr Jahre später, sich an die eine oder andere Anekdote gerne etwas besser zu erinnern wünschte.

      Bis auf die Hinweise in meinen Links und dem hier gibt es keine von Aachen aus abgreifbaren Hinweise.

      Im Yorck-Schlösschen sollen den Gerüchten nach noch ein paar überlebende Trampelpfad-Fossile aus jener Zeit vor sich hin vegetieren.

      Übrigens endete in meinen Bestzeiten jener Trampelpfad noch weit jenseits vom Südstern z.B. im Elefanten am Heinrichplatz oder im Jodelkeller in der Adalbertstraße (gibt es beides noch) oder in Kneipen, an deren Namen ich mich nicht mal in den "aktiven" Jahren erinnern konnte.

      Zwischen mal wieder ´ne schnelle Currywurst bei Annis Imbiss am Kotti (soll weg sein).

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    2. Danke. Das Yorck-Schlösschen kenne ich auch noch. Jodelkeller klingt gut, werde ich bei meinem nächsten Berlin-Trip mal ansteuern :o)

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    3. Gute Idee! Die Zeit der Hirschgeweihe an den Wänden ist allerdings vorbei > https://www.google.de/webhp?hl=de#newwindow=1&hl=de&q=jodelkeller+adalbertstr <.

      Und auch den Goldenen Jahn nicht vergessen am Heinrichplatz oder , - nee! ... erst in den Elefanten und für den Rest(sic!) dann in den Hahn.

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  2. "...daß man 20, 30 oder mehr Jahre später, sich an die eine oder andere Anekdote gerne etwas besser zu erinnern wünschte."

    Geht kaum, denn:

    "Wer sich an die 80er noch erinnern kann, der hat sie nicht erlebt."

    ;-) Grüßle

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  3. :-) ... Na ja! Ich war ja nicht immer im Delirium gewesen und hatte eigentlich fast immer ein (manchmal zwei) Kameras dabei (wenn sie nicht gerade auf der Pfandleihe am Hermannplatz lagen) ...

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  4. Schöner Ausflug udn danke für die Links!

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    1. Gern geschehen! Danke!

      Ein Ausflug in Deine oder meine Erinnerungen? Ich rechne gerade ein wenig nach ... ;-)

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