Was
für eine Straße!? Ich habe sie schon immer gemocht! Seit etwa 10
Jahren nenne ich sie zärtlich meine Lü´ … Solange wohne ich
bereits auf ihr.
Sie
hat im Laufe der Jahrhunderte viel mit- und durchgemacht.
Ein
ewiges hin und her von irgendwelchen Wandervölkern im Mittelalter,
dann den Römern, danach Kaiser Karl mal mit, mal ohne Gefolge,
später die deutschen Krieger des I. WK Richtung Belgien, noch später
die Truppen des Österreichers mit dem seltsamen Bärtchen ebenfalls
nach Belgien und jedes mal wieder raus geprügelt und geschlagen von
verschiedenen Alliierten zurück über diese Straße …
Die
Amis erbeuteten am 14. Oktober 1944 mehrere Wagons der Aachener
Straßenbahnbetriebe, die sie in Aachen-ExpressV13 umbenannten.
An
drei Stellen nahe der deutsch/belgischen Grenze packten sie diese mit
von der Wehrmacht zurückgelassenen Flak-Granaten und eigenen
Sprengsätzen voll und versuchten, die Wagons dann - mit Zeitzündern
scharf gemacht - in die Stadt rollen zu lassen, wo sie detonieren
sollten.
Der
eine (Linie 13 vom Bismarkturm kommend) ist im Bereich
Robert-Schuman-Straße Ecke Kalverbenden umgestürzt und explodiert,
der zweite ist am Krugenofen aus der Bahn gekippt und nichts ist
passiert und der dritte Wagon hat es auch nicht bis in die Stadt
geschafft.
Das
Teil kam von Höhe Waldschänke und ist an der Kreuzung Amsterdamer
Ring/Lütticher Straße umgekippt und ziemlich unspektakulär still
und leise liegen geblieben. Schwein gehabt …
Gut
nachzulesen in dem Buch ´Die Amis sind da!´ von Charles Whiting und Wolfgang Trees.
Bis
August 1958 war das Aachener Stadtzentrum durch die
Straßenbahn-Linien 17 und 27 übrigens noch via der Lütticher
Straße entlang Preusweg – Waldschänke - Bildchen mit
Kelmis verbunden.
Der
Herr Bimmermann von der St.Pauls-Apotheke
in
der Jakobstraße 9 ist ein profunder Kenner
der
Geschichte der Aachener Straßenbahn und
hat zu
diesem Thema einige Bilder, die er auf Anfrage gerne zeigt.
Ruhiger
ist es zwar geworden was die Waffengänge betrifft und eine Tram
rumpelt schon lange nicht mehr gen Kelmis aber abschnittsweise sehr
lebhaft ist sie immer noch, - meine Lü´.
Eigentlich
ist die Lütticher Straße in mehrere Lebhaftigkeits-Abschnitte
unterteilt.
In
Richtung Belgien beginnt sie am Kreuzungsbereich An der
Schanz/Jakobstraße/Boxgraben gleich mit einer enigmatischen
Skulptur, deren Herkunft und Sinn kaum jemand kennt.
Es
ist die Kopie einer Meisterprüfungsarbeit eines bekannten Aachener
Steinmetzbetriebs aus den Siebziger Jahren. Das Original steht in der
Einfahrt zu deren Werkshof in der Viktoriastraße. Die Deutungshoheit
zu diesem Werk überlasse ich der geneigten Leserschaft.
Vor ewigen Zeiten - als es noch keine Handys gab - hat in dem Eck, wo die Werbung von Süd-Optik steht, mal jemand versucht, eine Mitfahrzentrale zu etablieren.
Bis
zum Jüdischen Friedhof ist dieser Abschnitt der Lütticher Straße
zweifelsohne der quirligste Teil der Straße.
Während
rechtsseitig von der Schanz kommend kaum ein Gebäude aus
Vorkriegstagen vorzufinden ist, haben auf der linken Seite zum
Jüdischen Friedhof hin etliche Häuser alle Wirren der vergangenen
Jahrzehnte mit zwar z.T. deutlich sichtbarer Patina aber immerhin in
Würde gealtert überstanden.
In
den letzten Jahren ist das hiesige Geschäftsleben einem ständigen
Wandel unterlegen und etliche Läden sind schon vor langer Zeit
verschwunden.
Der
Tabak- und Zeitungsladen auf der rechten Seite zwischen den beiden
KFZ-Werkstätten Faensen
und Schaffrath und Charlier, wo der freundliche und behinderte Sohn des
Ladeninhabers Recker auf einem Hochtritt stehend, die Kunden zu ihrer
vollen Zufriedenheit bediente, ist schon lange nicht mehr. Kaum einer
erinnert sich noch an dieses Geschäft.
Heute
befindet sich in diesen Ladenlokal neben der Luisen-Apotheke
das Damenfriseurgeschäft Coiffure Momosa, wo die sehr freundliche
Meisterin ihres Fachs, Frau Kuzu, für die Schönheit ihrer Kundinnen
sorgt.
Vor
wenigen Monaten sah es dort noch anders aus.
Vermutlich
ein Anwohner hatte diese Figur vor vielen Jahren aus einem Baumstumpf
geschnitzt als der Baum aus Gründen der Sicherheit gefällt werden
musste. Später war an diesem Werk auch das Pilger-Siegel für die
Wanderer des Jakobswegs
angebracht.
Seit
dem 11. Mai 2014 – drei Tage nachdem die umfangreichen und für die
Anwohner und Geschäftswelt extrem belastenden Umbaumaßnahmen der
Straße begannen – ist der "Baum-Mensch" verschwunden.
?????
Wo ist das Teil ????
Schräg
gegenüber von Frau Kuzu frisiert der Friseurmeister Kulak die Damen
und Herren der Gegend schon seit vielen Jahren. Er ist auch einer der
wenigen Geschäftsleute, die noch über vielfältige Erinnerungen zu
diesem Straßenabschnitt verfügen.
Neben
seinem Salon befindet sich eine ärztliche Gemeinschaftspraxis,
die unter anderem auch eine Gelbfieberimpfstelle beherbergt.
Vor
einigen Monaten hat der türkische Obst- und Gemüsehändler neben
dem NETTO-Markt dicht gemacht. Der hatte ein feines Angebot an
frischem Obst und Gemüse aus aller Herren Länder und so manche
kulinarischen Seltsamkeiten in seinem Angebot.
Die heute in den Räumen des früheren Gemüsehändlers befindliche Galerie öffnet ihre
Türen vorübergehend nur noch auf telefonische Anfrage. Ich drück
denen mal die Daumen, daß sie diese schwierigen Zeiten überstehen.
Die
Bäckerei Oebel macht momentan nur noch Vormittags für ein paar
Stunden auf, obwohl es deutlich sichtbar wieder aufwärts geht mit
diesem rechten Teil der Straße. Aber viele Anwohner und
Geschäftsleute haben noch eine lange Zeit eine schwere Durststrecke
mit finanziellen Unwägbarkeiten vor sich. Ein Zeitungsartikel hierzu
beschreibt die Lage:
Bis vor ungefähr
elf Jahren hat in den Räumlichkeiten des heutigen
Bäckerei-Filialisten Oebel nach die Handarbeits-Backstube Mannebach
das Brot frisch gebacken.
Die Bäckerei Konditorei Cafe Mannebach | Ecke Hasselholzer Weg bietet seit 2003 etwa 500 Meter weiter
in Richtung Belgien ihre schmackhaften Produkte feil und man kann bei
denen ganz passabel drinnen oder draußen sitzen und ein paar
Leckerchen zu einer guten Tasse Kaffee verzehren.
Das Haus
mit der Nummer 28 beherbergt nicht nur den KFZ-Meisterbetrieb Faensen
mit hoch qualifizierten und spezialisierten Fachkräften, sondern ist
mit seinen 173 Jahren auch das anscheinend älteste und für mich
unzweifelhaft schönste Gebäude auf diesem rechten Abschnitt der
Straße bis zum Morillenhang gegenüber der Hotel-Pension Domicil.
Der sehr
freundliche Chef kann durchaus das eine oder andere Ameröllche
zu Geschichte der Straße beitragen.
Der
Netto-Laden ist mir seit Jahrzehnten ein bisschen unheimlich.
Ganz
früher noch arg eng und etwas düster in den Gängen und seit jeher
von größtenteils unaufdringlichen ´haste-mal-nen-Euro´-Mitmenschen
mit Hunden eingerahmt, hat sich das innere der Räumlichkeiten
mittlerweile etwas erhellt.
Nur
eins bekommen die nicht in den Griff. Geht man mit seinem
Einkaufswagen von den hinteren Bereichen in Richtung Kasse, muss man
ab etwa der Gemüsetische seinen Wagen irgendwie!!! festhalten,
ansonsten dieser sich wegen einer physikalisch deutlich spürbaren
Neigung zum Ausgang hin in Bewegung setzt, und sonst wohin zu rollen
droht.
Ich
habe noch nirgendwo einen anderen Discounter erlebt, wo die Kunden
derart sichtlich bemüht sind, mit ihrem Po oder Bauch, manchmal mit
der Hüfte oder dem linken oder rechten Bein ihren Wagen zu fixieren
und dabei die Ware auf das Band legen.
Richtig
„lustig“ wird es bei gebrechlichen Kundinnen und Kunden (es gibt
einige Senioren-Residenzen im Nahbereich) oder wenn anwesendes
Kindsvolk ihrer Mama oder dem Papa auf den Senkel gehen ...
Hat
allerdings - Zeit, Muße und intriganten Humor vorausgesetzt - auch
einen unverhohlen hohen Unterhaltungswert.
Seit
Ende Mai diesen Jahres wird Penny in Rufweite direkt visavis mit
einem nicht zu unterschätzenden Gegenspieler konfrontiert.
Der
alte Luftschutzbunker auf der linken Straßenseite hat sich zu einem
wahren Schmuckstück entwickelt, daß nach meinem Empfinden ein hohes
Aufwertungmerkmal für die Lütticher Straße bedeuten könnte. Für
mich erstaunlicherweise, kennt man doch in Aachen seit geraumer Zeit,
unter Federführung einer gewissen Dezernentin, ganz andere bauliche
Schandflecken.
Vom
hässlichen Entlein …
… zum
schönen Schwan.
Mir
gefällt es und den REWE-Frischebunker
der Familie Reinartz nutze ich für die Befriedigung meiner zeitweise
exquisiten Konsum-Gelüste.
Die
aufs Dach gesetzten Buden sind noch im Angebot.
Da
hört es dann aber mit meiner exquisiten Konsumgelüste-Befriedigung
auch schon auf.
Der
alte Bunker! Überhaupt! Die Öcher Bunker … Auch so ein Lieblingsthema von mir. Könnte Seiten
darüber schreiben, mit hunderten von graffiti-schwangeren Bildern
dazu. Alles dabei! Paier, Stör … ich schweife ab … Vielleicht
ein anderes mal.
Wie
weiter oben schon erwähnt, hat es auf der linken Seite zwischen
Schanz und Jüdischer Friedhof noch etliche schöne und alte Gebäude.
Viele
dieser Häuser auf dem Bild haben den II. Weltkrieg entweder relativ
unbeschadet überstanden oder wurden recht erfolgreich restauriert.
Mein
Lieblings-Objekt ist das Gebäude mit der Nummer 25 auf der Seite des
Jüdischen Friedhofs direkt links von der Hotel-Pension Domicil.
Direkt vor dem ersten Kellerfenster links neben der Toreinfahrt ist auch noch so ein Relikt aus dem II. WK zu entdecken. Ein Notausstieg aus den Luftschutzräumen des Hauses von Mannesmann in guter deutscher Wertarbeit hergestellt.
Schon
1988 hatte ich diese Einfahrt photographiert.
Ich
glaube, mich erinnern zu können, daß die ewigen Korinthenkacker
aus
den Öcher Ratstuben deswegen wieder mal rum am kacken waren.
Ich
würde zu gerne mal im inneren des Hauses ein wenig stöbern.
Es
wurde augenscheinlich 1876 errichtet, wie man diesem Stein entnehmen
kann, der sich an der hofseitigen Wand der Durchfahrt befindet.
Der
Hof ist ziemlich unspektakulär, strahlt aber eine tiefe Ruhe aus. An
der einen Seite des Hofweges befinden sich alte Garagen vor denen
reichlich Gras wächst und auf der anderen Seite des Weges wuchert
ziemlich wild eine ungezähmte Natur.
Direkt
rechts neben dem Haus mit der Nummer 25 befinden sich die wohl
angenehmsten Unterkünfte für Reisende und Gäste der Stadt. Auch
viele Freunde, Bekannte und Verwandte von mir bestätigen dies immer
wieder.
Ein sehr
wohlgefälliges Ambiente, Zuvorkommenheit im Service und eine
grandiose Aussicht in alle Richtung von den Obergeschossen ist obligatorisch. Wie sich die beiden Aufbauten auf dem Bunker
hinsichtlich der Sichtachse in Richtung Aachener Zentrum bemerkbar
machen, muss ich demnächst mal wieder testen.
Und schon wieder ein Rätsel? Wer
kennt die Bedeutung dieser Zeichen?
Benzin
und Super waren - soweit ich mich erinnere - damals dort wirklich
günstig gewesen.
Von
der ehemaligen Tankstelle auf der linken Seite – dort wo jetzt das
Haus mit der Nummer 35 steht – ist noch ein schmaler Streifen der
früheren Mauer mit etwas Reklame zu erkennen.
Der
Betreiber dieser freien Tankstelle hatte einen französisch
klingenden Namen, so wie ´Montraix´ oder ´Montreu´ und unterhielt
am Grünen Weg und einer dritten Niederlassung weitere Tankstellen.
Es
gibt keinerlei Spuren hierzu im Internet. Schade! Hat wer was?
So!
Langsam bin ich am Jüdischen Friedhof an der Ecke Körnerstraße angelangt. Kann man sich
ruhig einmal anschauen kann, wenn man in der Gegend ist.
Wie
schon weiter oben gesagt, - die ersten zarten Anzeichen eines
geschäftlichen Wiedererwachens – vor allem dann, wenn auch nur ein
klitzekleines bisschen die Sonne scheint - sind nicht zu übersehen.
Ganz
lecker ist es beim Chef Mehmet Artar natürlich auch. Ich kenne
Leute, die aus Pontsheide bei Oberforstbach am Arsch der Welt extra
angereist kommen, um hier zu essen.
Also!
Kommt, esst und fühlt Euch eingeladen, auch wenn der Rote Teppich auf
dieser Seite der Straße inzwischen eingerollt ist.
Bei Südviertel-Augenoptik erfährt man einen Service am Kunden, der seinesgleichen sucht in Aachen.
Ich hab dort noch nie was in Sachen Brille in Auftrag gegeben, bin aber immer aller bestens bedient worden.
Und nun – zum Abschluss meiner Eloge an diesen Straßenabschnitt - mein allerschönstes Bild der letzten Wochen.
An einem schnöden Donnerstag dem 11. September 2014 um 12:35 Uhr bei angenehmer Temperatur und schüchtern-schmusigen Sonnenstrahlen …
Wenn das kein freudig-optimistisches Zeichen ist … !
Naturtextilien jarula auf der Lütticher Straße 32.
Müssen durchwachsene Zeiten gewesen sein die letzten Wochen, wenn ich mir die Fotostrecke auf Facebook so anschaue … :-).
Es geht wieder aufwärts und über die Bedeutung der schwarzen Pflasterung an der Hauswand sag ich mal nichts. Die kennen eh nur Blinde mit ´nem Krückstock … :-)
Dies war nur ein kleiner Ausschnitt über das vielfältigen Treiben auf diesem Abschnitt der Straße. Es gibt noch so viele große und kleine Geschäfte und Betriebe, die ich hier nicht genannt habe, denen ich aber dafür danke, daß sie diese Straße am Leben erhalten.
Ihnen Allen alles Gute für die Zukunft.
Ein Blick zurück in Richtung Schanz …
… und in der Hoffnung, daß die Arbeiten auf der anderen Straßenseite zügig und problemlos vonstatten gehen.
Dann fängt der ganze Hantier allerdings auf dem zweiten Abschnitt zwischen Limburger- und Körnerstraße und Amsterdamer Ring an.
Weil das mit meiner Liebeserklärung an meine Lü´ nun wohl doch anscheinend eine längere Geschichte wird, mach ich das in mehrere Teile, sonst sind die mit der Straße eher fertig, als ich mit meinem Text.
Nee, nee – war nur Quatsch, - wir wissen ja, wie hier in Aachen die Uhren der öffentlichen Verwaltung schon mal ticken können, was Bauverzögerungen betrifft ...
Die Lütticher Straße | Vom Jüdischen Friedhof zum Amsterdamer Ring | Der 2. Teil
folgt in Bälde.
Der Tano